© Oliver Soulas

 

Es scheint eines der letzten Tabus unserer Zeit zu sein. Sagt eine Frau offen, dass sie sich nicht gut fühlt, weil sie ihre Tage bekommt, wird das oft als Ausrede abgetan. Daher reden viele Frauen erst gar nicht darüber. Das ist auch im Radsport nicht anders. Profi-Fahrerinnen wie Petra Rossner und Claudia Häusler wollen zwar nicht von einem Tabu sprechen, mit Kolleginnen, Trainern und Ärzten haben sie sich über das Thema trotzdem kaum ausgetauscht.

Dennoch wird jede Frau, die nicht die Antibabypille nimmt, zugeben: Es gibt gute und schlechte Tage in diesem wiederkehrenden Zyklus. Kein Wunder, schließlich ist er bestimmt von Hormonschwankungen, die Körper und Geist beeinflussen. Sehr viele haben zudem kurz vor der Blutung mit Problemen zu kämpfen: Schmerzen, Wassereinlagerung, Abgeschlagenheit, Stimmungsschwankungen und Krämpfe sind nur einige Symptome des prämenstruellen Syndroms.

Von solchen Erfahrungen berichtet auch die ehemalige Rennfahrerin Petra Rossner. Sie erinnert sich, dass sie am Tag vor der Blutung immer feste Beine hatte und zu Krämpfen neigte. Einen Tag später litt sie dann unter Schmerzen. „Und am zweiten und dritten Tag der Blutung hatte ich richtig gute Beine“.  Auch Profi-Fahrerin Claudia Häusler hat
für sich festgestellt, dass es am ersten und zweiten Tag der Blutung nicht so gut läuft: „Am dritten Tag geht es dafür so richtig gut.“

Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Zusammenhang von Leistungsfähigkeit und Zyklus gibt es noch wenige. Prof. Dr. Petra Platen von der Ruhr-Universität Bochum hat sich auf das Thema spezialisiert: „Bisher konnte kein eindeutiger Effekt auf die akute Ausdauer- und Kraftleistung festgestellt werden – und das, obwohl wir wissen, dass auch die Konzentration typisch männlicher Hormone im weiblichen Körper innerhalb des Zyklus variiert. Kurz vor dem Eisprung ist die Konzentration am höchsten.“ Das heißt, theoretisch kann an jedem Tag des Zyklus Höchstleistung erbracht werden.

Einfluss aufs Training

Ganz anders beim Training, also beim Aufbau von Ausdauer und Kraft: Dort konnte ein Unterschied ausgemacht werden zwischen der Lutealphase – also der Zeit zwischen Eisprung und der nächsten Blutung – und der Follikelphase – der Zeit zwischen Eintritt der Blutung und dem Eisprung. Platen: „In der Lutealphase konnten wir einen schlechteren Trainingseffekt beobachten.“ Den größten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit gebe es aber immer noch durch das prämenstruelle Syndrom.

Gerade im Leistungssport kommt es jedoch auch vor, dass die Blutung ganz aussetzt. Das sei aber ein Zeichen starker Überlastung des Körpers, sagt Platen: „Dahinter steckt eine negative Energiebilanz  – da denkt sich der Körper: Schwanger werden ist ungünstig, da setze ich mit dem Zyklus aus. Das kann langfristig sehr problematisch werden. Wenn dann noch eine ausgeprägte Essstörung dazukommt, führt dies zur Knochenentkalkung und im schlimmsten Fall zu Knochenbrüchen wie bei Osteoporose.“

Wann immer möglich, sollten Frauen also an Tagen kürzer treten, an denen ihr Körper Ruhe verlangt. Das empfehlen auch Petra Rossner und Claudia Häusler. „Man kann auch mal eine Trainingseinheit bewusst auslassen“, sagt Rossner. „Die erfolgreicheren Sportlerinnen sind sowieso die, die ihren Körper kennen und sich auch darauf einlassen.“ Und Häusler findet: „Man darf sich da nicht verrückt machen, lieber in sich hineinhören und mit Gefühl planen.“